Es fehlen Aushängeschilder und Investoren
Im Mittelland wohnt rund ein Viertel der ganzen Schweizer Bevölkerung. Hier hat selbst die Schweizerische Post ihr wichtigstes Verteilzentrum. Die Post geht aber nach wie vor in den Grossstädten ab. Das Mittelland bleibt in Sachen Sport, Ausgeh- und Unterhaltungsmöglichkeiten Mittelmass. Der Grund: Es fehlen Investoren und grössere Unternehmen, die sich für das Mittelland einsetzen und sich zur Region bekennen.
Das Mittelland gerät meist dann in die nationalen Schlagzeilen, wenn es um Staus auf der Strasse, um Nebel und um fehlende finanzielle Mittel geht. Und genau hier liegt das Grundproblem, weshalb es dem Mittelland nicht so gut geht wie anderen Regionen im Flachland: Die Autobahn. Am 10. Mai 1976 wurde die damalige N1 genannte Autobahnstrecke zwischen Oensingen und Hunzenschwil eröffnet. Ab 1996 wurde die Autobahn in A1 umgetauft. Weil die kantonalen, regionalen und örtlichen Behörden damals von der Sogwirkung der neuen Autobahn profitieren wollten, offerierten sie den zuzugswilligen Firmen damals das bestgelegene Land auf dem Silbertablett. Dies mit Argumenten wie: Die bringen mehr Steuern und neue Arbeitsplätze. Das war ein grosser Fehler, wie sich später herausstellen sollte. Viele Firmen entlang der Autobahn profitierten von Vergünstigungen, bezahlten oftmals nur wenig Steuern, die Firmenbosse behielten ihren Wohnort weit abseits des Mittellandes und die Arbeitskräfte fuhren und fahren jeweils mit ihrem Auto aus anderen Regionen an ihren Arbeitsplatz.
Zerfahrene Situation
Die Folge: Firmen, die hier in späteren Jahren ihren Standort aufbauen wollten, fanden kein Land an bester Lage mehr. Neue Investoren, die für die Unterhaltung hier etwas auf die Beine stellen wollten – so etwa ein Casino – klopften vergeblich an, da die Luft- und Lärmbelastungsgrenzen dies nicht mehr zuliessen und noch schlimmer: Der Verkehr kommt in dieser Region immer mehr zum Stillstand, weil es zu viele Verkehrsteilnehmer auf zu engem Raum gibt.
Kommt noch hinzu, dass es im Mittelland in den Bereichen Sport und Unterhaltung nur wenige permanente Highlights gibt, lassen sich sehr viele Leute lieber in den nahegelegenen Grossstädten unterhalten, die Geschäfte und Gastrobetriebe in den Kleinstädten hier gehen oft leer aus und immer mehr Leute ziehen weg von hier, weil die Steuern, die Lärm- und die Verkehrsbelastung zu hoch sind. Besserung ist vorerst keine in Sicht.
Der Sport könnte helfen
Basel, Lausanne, Berner Young Boys, Sion, Lugano, Luzern, Grasshopper Club Zürich, St. Gallen, Vaduz und Thun. Das sind zur Zeit die besten zehn Schweizer Fussballvereine, die der Super League, der obersten Spielklasse angehören. ZSC Lions, Lausanne, Zug, Biel, Kloten, Genf, Bern, Davos, Lugano, Ambri, Freiburg und Langnau heissen die zwölf Eishockeyklubs in der Nationalliga A. Einen Mittelland-Verein in den obersten Klassen der beiden bedeutendsten Sportarten der Schweiz sucht man vergeblich. Dies auch, weil es die Verbandsverantwortlichen verpasst haben oder es gar nicht wollen, dass in Regionen gedacht wird und jede Grossregion in der Schweiz anrecht auf einen Klub in den obersten Spielklassen hat und dort entsprechend auch geeignete Stadien gebaut werden.
Im Fussball könnte der FC Aarau das Mittelland-Loch stopfen, im Eishockey der EHC Olten oder der SC Langenthal. Aber: Weder der FC Aarau noch der SC Langenthal haben bisher ein geeignetes Stadion, um in den obersten Spielklassen spielen zu können. Der EHC Olten hat vor zwei Jahren, auch mit viel Eigenmitteln, wenigstens ein NLA-taugliches Stadion möglich gemacht
Es braucht Aushängeschilder
Damit das Mittelland nicht zu einem Ruhrpott wird oder gar zu einem Slam degradiert wird, muss dringend mindestens ein Aushängeschild her, ein Klub, mit dem sich das ganze Mittelland identifizieren kann. In Langenthal scheint die finanzielle Basis dazu am besten zu sein. Rund um SCL-Präsident Stephan Anliker haben mehrere Exponenten von Bau- und Transportbetrieben ihr Portemonnaie geöffnet. Den Langenthalern fehlt aber der Autobahnanschluss und ein NLA-taugliches Stadion. Zudem ist die Attraktivität mit nur rund 2‘000 Zuschauern im Schnitt pro NLB-Partie zur Zeit nicht gegeben. Der FC Aarau galt lange Zeit im Super-League-Fussball als unabsteigbar. Nach dem Abstieg in die Challenge League wurde aber klar, dass einerseits potente Geldgeber fehlen, die einen sofortigen Wiederaufstieg möglich gemacht hätten und auch ein Super-League-taugliches neues Stadion wurde in den letzten Jahren leider stets erfolgreich verhindert. Dies vor allem durch einen Anwohner, dessen Beweggründe wohl nur er selbst kennt. Bliebe da also noch der EHC Olten, der nach dem Umbau nun ein NLA-taugliches Stadion hat, aber nach wie vor auf potente, sehr grosse Geldgeber wartet.
Bekenntnis zur Region gefragt
Es braucht also im Mittelland ein klares Bekenntnis grosser Firmen zur Region. Und solche Firmen hätte es genügend hier. Aber oft wollen es hier Grossfirmen der ganzen Schweiz recht machen oder sie unterstützen Aushängeschilder anderer Regionen im feudalen Stil, lassen die Klubs im Mittelland aber leer ausgehen. Hier braucht es politisch und wirtschaftlich Köpfe, die solche Firmen auffordern, ein Bekenntnis zur Region abzugeben und hier zu investieren. Denn je länger das Mittelland keine Aushängeschilder hat, umso mehr Leute wandern in andere Regionen ab, die steuertechnisch lukrativer sind und auch punkto Lebensqualität mehr zu bieten haben. Überdies ist die Gefahr auch gross, dass plötzlich ausländische Spekulanten im Mittelland Geld einschiessen. Ob dies jedoch sinnvoll und die Lösung des Problems ist, ist fraglich. Eine andere Möglichkeit wäre, dass die SBB, die Post, Coop oder auch die Swisscom, die im Mittelland gross wurden, diese Region vermehrt unterstützen. Gerade bei den SBB fragt man sich, weshalb diese stets vom Eisenbahnknotenpunkt Olten sprechen, aber keinen einzigen Franken investieren, damit die Region ein sportliches Aushängeschild auf höchster nationaler Ebene bekommen könnte.
Raphael Galliker